Unser tägliches Brot gib uns heute

Unser tägliches Brot (C)SRV

Wir kennen das Sprichwort „Liebe geht durch den Magen“. Essen hat etwas mit unserem Wohlbefinden zu tun. Gemeinsames Essen verbindet. Drückt es doch mehr aus als den Hunger zu stillen. Es verweist auf Gemeinsamkeiten im Leben. Die ganze Person ist betroffen: Zusammen sitzen, den Menschen neben sich spüren und miteinander reden können. Essen bedeutet Leben. Als Symbol für gemeinsames Essen und Leben, für gemeinsames Miteinander in den verschiedensten Situationen gilt bei vielen Völkern das Brot. „Unser tägliches Brot gibt uns heute“, ist so die inständige Bitte. In der Bibel steht aber auch das Wort: Nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern aus jedem Wort aus Gottes Mund. - Was brauchen wir zum Leben?

Macht es nicht traurig, wenn Gemeinschaft nicht mehr erlebt werden kann; wenn äußere Umstände, wie der Verlust von lieben Menschen, Einsamkeit bewirken, oder Krankheiten das gemeinsame Essen verunmöglichen; wenn bei schwindenden Kräften das Essen Schwierigkeiten macht, man Vieles nicht mehr essen kann? Es braucht die Nahrung der Gemeinschaft. Kein Mensch kann allein für sich leben. Aufeinander angewiesen, brauchen wir einander, können einander das Leben ermöglichen und erleichtern. So bedeutet die Bitte um das tägliche Brot zweierlei: Stärkung für den Leib und für die Seele, um leben zu können.

Darüber hinaus ist das entscheidend Leben-Spendende für den Menschen Gott in seinem Wort und in seinem Verhalten zu uns Menschen. Seine Zuneigung, seine Sehnsucht nach uns, d. h. sein Mit-Uns-Sein soll uns ganz tief innerlich stärken und aufrichten. Es ist eine besondere Weise von Zuwendung, die uns liebt und das auch dort noch, wo unsere Abgründe sind, wenn andere sich von uns abwenden, wenn sie uns innerlich kennen würden… - Dieses Wort Gottes, diese Liebe zu uns ist menschlich betastbar, begreifbar geworden in der Person Jesu. Sich an Jesus ausrichten und aufrichten, von ihm berührt zu werden, das gibt Nahrung für die Menschenseele. Er ist und will das wahre Brot für uns sein. So kann die Feier der Eucharistie, die heilige Messe, als Feier der Gemeinschaft mit Christus in verschiedener Weise Hilfe werden für den Alltag, die Lebensaufgaben, immer wieder als liebender Mensch anderen zu begegnen und widerwärtige Situationen zu meistern. Dazu will uns die Hilfe des Heiligen Geistes, aus dem Jesus gelebt hat, bestärken, um die Botschaft Jesu mit dem Herzen immer mehr begreifen zu können. Dieser Geist Jesu wird die Seele nähren durch gute Eingebungen, um spürend zu werden, achtsam auf die Vorgänge in uns selber, um uns und durch uns anderen gegenüber. Dieser Geist Gottes tritt auch durch die Mauern unseres Lebens hindurch und lässt immer wieder vertrauensvoll hoffen, auch durch Durststrecken und Dunkelheit.

Wir können darum beten, möge Jesus uns prägen und erfüllen, um so auch einander in seinem Geist verbunden zu sein, einander zu nähren. Wir können dadurch sozusagen als Personen für einander zum Brot für das Leben werden. Das nennen wir Nächstenliebe. Sie möge uns im Leben tragen und mit Dank, Freude und Hoffnung auf ein beglückendes Leben in Frieden miteinander – über dieses Leben hier auf Erden hinaus – erfüllen.

Wenn wir das Vater-Unser beten „unser tägliches Brot gib uns heute“, dann wird uns wohl bewusst, was wir brauchen, um leben zu können: Brot als Nahrung für den Leib, Liebe als Nahrung für die Seele und beides, Brot und Liebe, zum Weiterschenken, zum Teilen: Brot nicht nur für mich allein, sondern für uns, wie ja Gott selber ein Gott für uns sein will. Beten wir doch: „Vater unser.“

Text/Dr. Udo Zeilinger

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